Übergang Schule-Beruf: Best Practice Projektplanung

Planung von Berufsorientierungsprojekten am Übergang Schule-Beruf

Mit guten Ideen, Eigeninitiative und dem richtigen Timing ein Projekt auf die Beine stellen: Das Jugendberufszentrum Rotenburg (Wümme) macht vor, wie es geht.
Das Jugendberufszentrum bringt in seinem Projekt „Praxisverbund im Landkreis Rotenburg (Wümme)“ Schülerinnen und Schüler mit Unternehmen zusammen. Durch das beidseitige Kennenlernen im Rahmen eines Praktikums kann der Weg in eine spätere Ausbildung geebnet werden – insbesondere in der jetzigen Situation eine wichtige Unterstützung für Jugendliche am Übergang Schule–Beruf.

Wir sprachen mit Alexander Baier, Sachgebietsleiter Übergangsmanagement Schule & Beruf und einer der Initiatoren von „Praxisverbund im Landkreis Rotenburg (Wümme)“- über Projekt-Inhalte, die Finanzierung und bisherige Erfahrungen aus dem Projekt.

 
 
 
geva-institut: Herr Baier, worum geht es in dem Projekt „Praxisverbund im Landkreis Rotenburg (Wümme)“?
 
Alexander Baier: Das Projekt befördert nachhaltig Strukturen, die berufsorientierende Praktika zu Schlüsselerfahrungen junger Menschen bei der Berufswahlentscheidung machen. Auf unserer Website beschreiben wir uns als Servicestelle praktisches Lernen – Beratung und Begleitung bei der praktischen Berufsorientierung für junge Menschen im Landkreis Rotenburg (Wümme). Der Praxisverbund will Verbindungen herstellen und Verbünde befördern. Dieses erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen – bedarfsgerecht, ohne Parallelstrukturen zu schaffen.
 
An welche Zielgruppe richtet sich „Praxisverbund im Landkreis Rotenburg (Wümme)“?
 
Neben der Zusammenarbeit mit Schulen, Ausbildungsbetrieben und Netzwerkpartnern am Übergang von der Schule in den Beruf sind die jungen Menschen wesentliche Zielgruppe des Projekts für das Handlungsfeld Praxiscoaching. Der Personenkreis umfasst grundsätzlich alle jungen Menschen auf dem Weg in den Beruf im Landkreis Rotenburg (Wümme) mit dem Fokus auf Schüler:innen in den Abgangsklassen Sek I und Sek II, die über ein Praktikum betriebliche und berufliche Zusammenhänge kennenlernen und berufspraktische Lernangebote wahrnehmen wollen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf berufsorientierenden Praktika während des Schulbesuchs in Abschlussklassen an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Derzeit ist darüber hinaus die neunte Jahrgangsstufe ganz besonders von der fehlenden praktischen Lernerfahrung betroffen, da in der Covid19-Pandemie bisher kein Praktikum möglich war.
 
Welches ist die „Kernkompetenz“ des Projekts in Bezug auf die Zielgruppe der jungen Menschen?
 
Das Praktikum wird als eine wesentliche Bedingung für die Attraktivität einer betrieblichen Ausbildung und damit für eine gut begründete Berufswahlentscheidung gestärkt. Durch die Begleitung und Vermittlung junger Menschen in ein passgenaues Praktikum anhand der erkannten eigenen Stärken und Vorlieben aus dem geva-test® und der nachfolgenden Beratung sollen in der Folge Ausbildungsverträge zustande kommen.
In Praxisverbünden ermöglichen Betriebe flexibel Berufserkundungen und praktische Lernangebote.
Die praktischen Erfahrungen im Betrieb zu beleuchten und mit Feedback vom Betrieb zu qualifizieren, ist das Kernthema des Praxiscoachings. Dabei sollen nachhaltig Strukturen weiterentwickelt werden, die mit dem passenden Praktikum und einer Kultur des Feedbacks im erreichbaren Betrieb die jeweilige betriebliche Ausbildung zur attraktiven Perspektive in das Berufsleben herausstellt.
 
Über das Projekt Praxisverbund im Landkreis Rotenburg (Wümme)
 
Jugendberufszentrum Rotenburg
Initiator des Projekts ist das Jugendberufszentrum Landkreis Rotenburg (Wümme). Die kommunale Einrichtung des Landkreises hat Standorte in Rotenburg, Bremervörde und Zeven.
 
 

  • „Praxisverbund“ wurde vom Jugendberufszentrum konzeptioniert und bei der NBank beantragt. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des ESF und des Landkreises Rotenburg (Wümme).
  • Kooperationspartner sind Schulen, Ausbildungsbetriebe, Kammern, Institutionen und Bildungsträger am Übergang von der Schule in den Beruf.
  • Im Fokus des Projekts stehen Haupt- und Realschulen sowie vor allem Ober- und Integrierte Gesamtschulen, ebenso wie die Berufsschulen/Berufsfachschulen.
  • Die Durchführung erfolgt in Kooperation mit einem Bildungsträger.
 
Alexander Baier über den Anlass für den Projektantrag:

"Berufsorientierende Praktika sind der Dreh- und Angelpunkt der Beratung im Jugendberufszentrum. Erfahrungen belegen, dass Stärkenerfahrungen im Praktikum nachhaltig den gelungenen Übergang in den Beruf befördern. Viele Jugendliche, die am Übergang von der Schule in den Beruf in der Beratung des Jugendberufszentrums ankommen, konnten sich nicht in einem für sie passenden Schulpraktikum bzw. Praktikumsbetrieb erproben. Mit einer Umkreissuche in unserer Praktikumsbörse können wir den Schulen anschauliche Informationen über erfahrbare und erreichbare Berufsbilder zur Verfügung stellen.
Die Beratung im Vorfeld der Praktikumssuche soll dazu beitragen, Suchbewegungen abzukürzen. Das Projekt wird von allen Beteiligten sehr positiv angenommen."
 
Das „Praxiscoaching“ ist ja ein Teilbereich des Gesamtprojekts. Wie läuft denn so ein Coaching ab?
 
Schüler:innen erhalten ein individuelles Coaching zur Vermittlung und Begleitung in ein passendes Praktikum orientiert an Stärken und Vorlieben. Als Grundlage der Beratung wird der geva-test® genutzt. Ausbildungsbetriebe werden in der Praktikumsbörse des Jugendberufszentrums den jungen Menschen online präsentiert und bei der Durchführung von Praktika begleitet. Ausbildungsbetriebe werden bei der Durchführung von Praktika begleitet und in der Praktikumsbörse des Jugendberufszentrums den jungen Menschen online präsentiert. Das Projekt bietet Schulen Service rund um das Thema berufsorientierender Praktika. Die Partner am Übergang von der Schule in den Beruf werden zum Thema Praktikum vernetzt, mit dem Ziel, Strukturen beruflicher Praxiserfahrungen auf die Berufswahlentscheidung auszurichten.
 
Ist die Teilnahme für die Schüler:innen freiwillig?
 
Die Teilnahme ist grundsätzlich freiwillig und richtet sich nach dem Unterstützungsbedarf der Schüler:innen. Unterstützt von den Eltern und Lehrern treten die Jugendlichen mit Beratungsbedarf freiwillig mit den Praxiscoaches in Kontakt.
 
Wie machen Sie ihr Projekt bei den Schulen bekannt?
 
Über persönliche Ansprache und unsere Webseite.
 
Wie gehen Sie mit Ihrem Angebot auf  Unternehmen zu?
 
Mit persönlicher Ansprache, Mailings und unserer Webseite.
 
Bemerken Sie seit der Pandemie eine Änderung hinsichtlich Bedarfs (Jugendliche) und Angebot (Unternehmen)?
 
Derzeit gibt es viele neue Wege des Kennenlernens. Von der Digitalen Messe, den online Speedinterviews bis hin zu online Praxistagen.
 
Wie schätzen Sie die Folgen der Pandemie in ihrem Landkreis bzw. gesamtdeutsch hinsichtlich Angebots und Bedarfs an Ausbildungsplätzen ein?
 
Insbesondere die jetzigen achten und neunten Klassen werden an den Schulen womöglich aufgrund der Kontaktbeschränkungen keine „teilnehmende/beobachtete“ Potentialanalyse durchlaufen haben. Der geva-test® in der Online-Durchführung wird hier zu einer guten Möglichkeit, Stärken und Vorlieben der Schüler:innen zu erkennen und zum Gegenstand der Beratung für ein Praktikum zu machen. Das Fehlen von Erfahrungen aus der Berufswelt erschwert zudem eine begründete Berufswahlentscheidung. Ein längerer Schulbesuch oder eine Zunahme von Abbrüchen von Ausbildungsverhältnissen könnte die langfristige Folge der Covid19-Pandemie sein.
Alle Partner am Übergang von der Schule in den Beruf müssen gemeinsam dafür sorgen, dass alternative Konzepte der online Praxiserprobung massentauglich werden und praktische Lernerfahrungen zeit- und betriebsflexibel durchgeführt werden, sobald dies wieder möglich ist.